Na klar kann man da im Sommer toll wandern, aber wozu haben die Bergvölker diese ganzen Kurven in die Straßen gebaut? Ich glaube, ihr wisst es. Natürlich nur für uns Biker! In den Dolomiten haben sich die Straßenbauer, oder sollte ich besser sagen Kurvenbauer, so richtig ausgetobt. Von steilen Spitzkehren an senkrechten Felswänden bis zu langgezogenen Halbkreisen in herrlichen Tälern ist alles vertreten. Kleine, fast abenteuerliche Wege bis zu bestens ausgebauten Kurvenlabyrinthen.
Unsere Motorradreise begann in der Region Berlin / Brandenburg. Nachdem alle Bikes sicher auf dem geschlossenen Anhänger verstaut waren, jeder die Sitzlehne im kleinen Bus zurückgestellt hatte ging die Fahrt los. Selbstgedrehte Filme von vorangegangenen Touren über die Bord DVD -Anlage stimmten alle auf die kommenden Tage ein. Entspannt, ohne Autobahnstress im Gasthof Kircher Sepp angelangt, konnte noch die erste Runde ins Tal gedreht werden. Anschließend sorgte die gute Tiroler Küche für volle Bäuche. Bei Bier und Wein wurde der nächste Tag besprochen. Hochgebirgsneulinge wurden in die möglichen Gefahren der kommenden Touren eingewiesen.
Ausgeschlafen, nach gutem Frühstück vom Buffet oder mit einem Spiegelei und Speck von Oma in der Küche frisch zubereitet, ging die erste Tour von Barbian durch die Sarntaler Alpen. Hoch oberhalb des Eisacktales, fernab von stark befahrenen Straßen fuhren wir in Richtung Bozen. Enge, verwinkelte Sträßchen wechselten sich mit gut ausgebauten Straßen ab. Zum Eingewöhnen auf die kommenden Tage und geschmeidig machen der Gelenke genau die richtige Mischung. An Bozen vorbei in Richtung Penser Joch die ersten Serpentinen durch dichte Wälder. Eine kleine Lichtung ermöglichte einen tollen Blick auf Bozen, dem quirligen Zentrum Südtirols. Wer nicht auf Shopping und Kultur steht, sollte diese Stadt einfach umfahren oder mindestens möglichst schnell durchqueren. Teilweise schwer nachvollziehbare Beschilderungen und immer dichter Verkehr machen die Stadt nicht zu Bikers liebster Strecke. Unsere Tour führte uns weiter auf der Straße 508 durch kleine Orte bis hinauf auf 2215m zum Penser Joch. Im Mai liegt hier schon mal noch gut Schnee, aber diesmal lachte die Sonne und der Rundblick machte Lust auf mehr Kurven.
Nachdem alle Fotoapparate wieder eingepackt waren, ging es weiter in Richtung Sterzing. Die herrliche Abfahrt vom Penser Joch noch in den Hüftgelenken, schließt sich unmittelbar die Auffahrt zum Jaufenpass an. Ein teilweise wunderbarer Fahrbahnbelag wechselt mit älteren Belägen, so dass der Übermut in der Gashand leicht zu heiklen Situationen führen könnte. Aber das ist hier in den Alpen und speziell in den Dolomiten eigentlich immer zu beachten. Nach kalten Wintern leiden natürlich im Hochgebirge die Straßen extrem. Wenn dann mal wieder eine Baustelle hinter der nächsten Kurve lauert, muss ich mir immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass diese Bauarbeiten auch für uns wichtig sind. Ansonsten müssten wir bald alle mit Offroadern fahren.
Auch wenn die Straßen ständig gereinigt werden und Grip ohne Ende versprechen, nach Regenfällen in der Nacht oder Gewittern kann hinter jeder Kurve etwas Schotter genau auf der Ideallinie liegen. Und darum ist die letzte Rille für genau diese Momente aufzusparen und nicht schon aus Spaß auszureizen.
Der Jaufenpass ist mit 2094 m nicht ganz so hoch, aber der Fahrspaß bis hinüber nach St. Leonhard ist riesig. Spätestens in St. Leonhard gibt es mehrere Möglichkeiten für einen Imbiss. Die bunten Schirme einer Pizzeria direkt zwischen dem Flüsschen Passer und der Auffahrt zum Timmelsjoch sind schon aus der Höhe zu sehen. Wir hielten jedoch an einem kleinen Bauernhof unweit hinter dem Pass, an dem ein Schild mit Apfelstrudel und Milchkaffe wirbt. Hier sind die Temperaturen angenehm und bei schönem Wetter wird die Pizzeria gern von vielen Bikern gestürmt.
Zufrieden mit unserem Zwischenstopp ging es weiter über St. Leonhard in Richtung Meran. Die Straße bis Meran ist einfach genial, die vielen Autos machten uns aber bewusst, dass wir auf einer Bundesstraße fuhren.
Wer sich von den steigenden Temperaturen nicht abhalten lassen will, kann kurz vor Meran noch einen Abstecher in das Dorf Tirol machen. Das Schloss Tirol gab dem Land seinen Namen und ruht über dem Ort. 30 Grad im Schatten lassen uns aber die Kultur vergessen und zügig in Richtung Ultental fahren. Einige Serpentinen später sind die Temperaturen wieder angenehmer und die gut belegte Straße schlängelt sich anscheinend nur für uns am Berg entlang. Den Abschluss des Tales krönte eine malerisch auf einer kleinen Anhöhe gelegene Kirche. Ein paar hundert Meter zurück zweigt links ein kleiner Weg zum Weißbrunner See ab. Die enge und verwunschene Straße schmiegt sich an den Fels und mahnt zur langsamen Fahrt. Ab und zu ein entgegenkommendes Auto mit unaufmerksamen Touristen lassen die Straße wirklich sehr eng werden. Oben angekommen lag der Stausee vor uns. Pferde, Kühe, Ziegen, alles rannte da herum, ohne Umzäunung! Wir freundeten uns auch bald mit einigen Tieren an.
Einen schönen Kaffee und alles was man mit Klößen machen kann, gibt es hier oben bei der Knödelmoidl. Klöße in allen erdenklichen Variationen, aber auch eine zünftige Bretteljause laden zur Rast.
Zurück durch das Ultental bis zum ersten Abzweig auf der rechten Seite. Hier führt uns die Straße durch einige Kehren, gut ausgebauten Tunnels und wieder kleinen Straßen bis zur Anfahrt zum Mendelpass. Der neue Straßenbelag mit richtig schön überhöhten Kurven trieben auch dem letzten unserer Gruppe die Freudentränen in die Augenwinkel.
Nach kurzer Rast zum Passfoto ging die Abfahrt weiter in Richtung Eppan.
Telweise ist die Straße tatsächlich in die senkrechten Felswände geschlagen und die Aussicht entsprechend genial. Nur sollte niemand versuchen, die Aussicht während der Motorradfahrt genießen zu wollen. Neu ausgebaute Kehren wechseln sich mit abenteuerlichen Straßenabschnitten ab. Ich kann nur hoffen, dass diese auch erhalten bleiben und nicht wie im Eggental oder im nördlichen Gardertal durch Tunnel ersetzt werden.
Von Eppan geht es zügig durch Bozen in Richtung Brenner bis zur Abfahrt in die Region Ritten. Serpentinen brachten uns schnell wieder in angenehmeres Klima und an den Bergrücken entlang zu unserem Quartier in Barbian.
Ein Feierabendbier, die Dusche, das 4-Gänge Abendmenü aus der Tiroler Küche und natürlich die Auswertung jeder Kurve und jeden Passes in Gesprächen beendeten den ersten Tag.
Tourlänge: ca. 300 km
Zum Nachfahren der Motorradtour kann die entsprechende Datei für Garmin zumo per Kontakt über die Homepage kostenlos angefordert werden.